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"Vertraue denen, die nach der Wahrheit suchen
und misstraue denen, die behaupten sie zu kennen"

Andrè Gide

Was ist Gute Schreibe ?

Wie ich mir den perfekten Fachbuch-Autor vorstelle


  1. Sach-Kenntnis : Der Autor hat den Stoff gründlich selbst durchgearbeitet und vollständig verstanden.
    - So trivial sich das anhört: dies ist meiner Meinung nach bei höchstens einem von drei Autoren gegeben. Auffällig ist, wie breit die Palette des Wissens ist, das so mache Autoren uns erschließen wollen: Können sie wirklich so viele Ansätze - viele Bücher über unterschiedlichste Themen in wenigen Jahren - detailliert genug verfolgen, um uns die Sache gründlich beizubringen? Entspechend übersteigt die Zahl der Anfänger-Bücher ("Crashkurs", für "Einsteiger", für "Dummies" etc.) die Zahl der Bücher, die sich an fortgeschrittene Leser wenden, um ein Vielfaches.
    Der gute Autor versteht die Funktionsweise eines neuen Ansatzes nicht nur durch unkritisches Nachvollziehen der Musterbeispiele von anderen Büchern, sondern er experimentiert ausgiebig und macht sich seine eigenen Gedanken über die neuen Möglichkeiten.

  2. Beispiel-Breite : Er kann den Stoff mit mehr als nur dem einen sattsam bekannten Beispiel demonstrieren.
    Er findet es nicht albern, ein zweites und drittes Beispiel zu bringen und noch einmal in anderen Worten Erklärungen für den selben Sachverhalt zu finden. Je komplizierter die fachlichen Konzepte sind, um so häufiger muss das Ganze von allen möglichen Pespektiven aus durchwühlt werden, um im Hirm des Lesers neuronal vernetzt zu werden. Es ist leider immer wieder zu beobachten, dass der Autor anscheinend zu höflich ist, Unverständnis des Lesers vorauszusetzen - eine symbiotische Haltung, die zwar für beide Seiten schmeichelhaft und auch bequem ist, aber an der unerbittlichen Realität des Anwendungsfalls vorbei geht.

  3. Ausdruck-Stärke : Er könnte alle Fachbegriffe durch eigene Ausdrücken ersetzen.
    Er bleibt aber in seinen Ausführungen bei den anerkannten, meist englischen Ausdrücken, um die weitere Kommunikation / Recherche zu erleichtern.

  4. Sprachliche Humanität : Er doziert nicht stolz von oben herab - von nicht bewiesenen Prinzipien seines Faches ausgehend.
    Er muss niemandem beweisen, dass er auf der Höhe der Fachlichkeit ist und deswegen lässt er sich tatsächlich dazu herab, verständlich in normalstmöglicher Sprache zu schreiben und alles auf die banale Praxis anzuwenden.

  5. Nebenbei-Witz : Er bemüht sich nicht krampfhaft darum, witzig zu sein.
    Er gibt sich nicht die Attitüde, menschlich und locker herüberzukommen, sondern ist es ohnehin von Grund auf und lässst dies nur nebenbei durchblicken.

  6. Schritt-Aufbau : Er sagt nicht, dass das, was er erklären will, eigentlich ganz einfach sei
    (und man fragt sich, warum man das, was doch ganz einfach ist, trotzdem nicht auf Anhieb versteht)
    Er bietet aber dafür an, die Grundprinzipen so einfach wie möglich darzustellen und schrittweise zum Komplexeren überzugehen; er verspricht dies nicht nur auf den ersten Einführungsseiten, sondern er vollbringt es auch dann, wenn andere einen schon längst im Stich gelassen haben.

  7. Methoden-Diskussion Wie-Warum-Ob : Er fragt sich, ob eine Funktion überhaupt wünschenswert ist
    - ob der Lernaufwand einer neuen Funktion, einer neuen Technik oder eines neuen Paradigma durch die gewonnene Funktionalität / Ablaufgeschwindigkeit / Wartbarkeit etc. gerechtfertigt ist. Er ist tatsächlich gewillt und auch in der Lage, eine kritische Auseinandersetzung zu führen, die über das bloße 'Wie' hinausgeht.

  8. Methoden-Vielfalt : Er sieht unvoreingenommen die Vielfalt der Möglichkeiten.
    Er führt keine verbissenen ideologischen Richtungskämpfe, sondern mischt - wenn überhaupt -mehr aus sportlichem Ehrgeiz in dem großen Diskurs der Fachleute durch die Länder und Jahrzehnte mit.

  9. Innovation und Skepzis : Ihn interessiert das Neueste - aber er glaubt erst einmal gar nichts.
    Er schaut sich zwar um, was es an neuen Techniken gibt, läuft aber nicht unkritisch dem Trend hinterher. Er hat Phantasie, die Folgen einer neuen Entwicklung weiterzudenken. Er ergründet die Vor- und Nachteile sorgsam durch eigene mühsame Prüfung. Wenn er zu dem Schluss kommt, dass das Neue besser ist, hat er keine Probleme damit, sich von dem alt-Bewährten zu trennen. Wenn das Neue nicht gut genug zu sein scheint, aber so übermächtig ist, dass es keinen Zweck mehr hat, dagegen anzupredigen, nimmt er die neue Technik erst einmal hin, um die weitere Entwicklung verfolgen zu können.

  10. Intellektuelle Redlichkeit : Er kann immer noch staunen und Irrtümer eingestehen.
    Er möchte zwar Recht behalten, möchte sich aber den Weg zu einer bessereren Erkenntnis nicht durch Festhalten an irrigen Annahmen versperren. Er kann sich tatsächlich noch daran erinnern, sich schon einmal geirrt zu haben, und zwar immer wieder und vor gar nicht all zu langer Zeit.
    Er betreibt eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis und kommt von den praktischen Erfahrungen aus wieder zurück einer besseren Theorie.
    Kurzum: Er ist auf eine etwas altmodische Art solide und progressiv zugleich!